HR-Kennzahlen

Datenbasierte Entscheidungen im Personalwesen treffen

Vom Bauchgefühl zu fundierten Entscheidungen

Stell Dir vor, Du könntest jederzeit exakt sagen, wie effizient Deine Recruiting-Prozesse laufen, wo Deine größten Herausforderungen bei der Mitarbeiterbindung liegen und welche Maßnahmen wirklich wirken. Genau das ermöglichen HR-Kennzahlen. Sie verwandeln Dein Personalmanagement von einer reaktiven Verwaltungsfunktion in einen strategischen Business Partner, der mit Daten argumentiert und messbare Erfolge vorweisen kann.​

Was sind HR-Kennzahlen?

Die Definition

HR-Kennzahlen, auch Personalkennzahlen oder HR-KPIs (Key Performance Indicators) genannt, sind messbare Schlüsselindikatoren, die das Personal eines Unternehmens betreffen. Sie erfassen personalbezogene Aspekte quantitativ und qualitativ, um fundierte Entscheidungen zu treffen und den Beitrag des Personalbereichs zum Unternehmenserfolg sichtbar zu machen.​

Dabei ist ein wichtiger Unterschied zu beachten: Während jede HR-KPI gleichzeitig eine Kennzahl ist, gilt dies nicht umgekehrt. KPIs sind eng mit spezifischen Geschäftszielen verknüpft und dienen als Schlüsselindikatoren für Erfolg oder Misserfolg. Das blinde Verfolgen einer Vielzahl von Kennzahlen ohne Berücksichtigung ihres Mehrwerts für das Unternehmen ist selten zielführend.​

HR-Kennzahlen helfen Dir zu erkennen, welche personalbezogenen Bereiche und Prozesse gut funktionieren – und welche Verbesserungsbedarf aufweisen. Sie bilden die Grundlage für ein modernes, datenbasiertes Personalcontrolling und ermöglichen es, Optimierungspotenziale frühzeitig zu identifizieren.​

Praktische Anwendung: Wo HR-Kennzahlen den Unterschied machen

Die Anwendungsbereiche von HR-Kennzahlen erstrecken sich über den gesamten Employee Lifecycle – vom ersten Kontakt mit potenziellen Kandidaten bis zum Austritt aus dem Unternehmen.

Recruiting und Talentgewinnung

Im Recruiting zeigen Dir Kennzahlen wie die Time-to-Hire (Zeitspanne vom Bewerbungseingang bis zur Vertragsunterzeichnung) und Time-to-Fill (von der Stellenausschreibung bis zur Besetzung), wie effizient Deine Personalbeschaffung läuft. Der wesentliche Unterschied: Time-to-Hire misst die Kandidatenperspektive und beginnt mit dem Erstkontakt, während Time-to-Fill die gesamte Zeitspanne von der Genehmigung des Personalbedarfs bis zur Vertragsunterzeichnung umfasst.​

Die Cost-per-Hire hilft Dir, die durchschnittlichen Kosten pro Einstellung zu ermitteln. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: (Interne Recruiting-Kosten + Externe Recruiting-Kosten) ÷ Anzahl der Einstellungen. Zu den internen Kosten zählen Gehälter der Personalabteilung und Arbeitszeit aller am Prozess Beteiligten, zu den externen Kosten gehören Stellenanzeigen, Jobbörsen-Gebühren und externe Vermittlungsagenturen.​

Mitarbeiterbindung und Engagement

Die Fluktuationsrate ist eine der wichtigsten Kennzahlen zur Bewertung der Mitarbeiterbindung. Es gibt verschiedene Berechnungsformeln, wobei die Schlüter-Formel am geläufigsten ist: (Anzahl der Abgänge ÷ (Personalbestand am Anfang der Periode + Zugänge)) × 100. Diese Formel eignet sich besonders gut für Branchenvergleiche, da sie sowohl Abgänge als auch Zugänge berücksichtigt.​

Der Employee Net Promoter Score (eNPS) misst die Loyalität und Zufriedenheit Deiner Mitarbeitenden. Die Berechnung ist simpel: Du stellst eine einzige Frage – „Auf einer Skala von 0 bis 10, wie wahrscheinlich ist es, dass Du unser Unternehmen als Arbeitgeber weiterempfiehlst?“ Mitarbeitende mit Werten von 9-10 sind Promotoren, 7-8 sind Passive und 0-6 sind Detraktoren. Der eNPS errechnet sich aus: Prozentsatz Promotoren – Prozentsatz Detraktoren. Ein eNPS von 30 sollte als Mindeststandard angesehen werden, Werte ab 50 deuten auf ein gesundes Unternehmen hin.​

Gesundheit und Produktivität

Die Krankheitsquote gibt Aufschluss über den Gesundheitszustand Deiner Belegschaft und wird nach folgender Formel berechnet: (Krankheitstage ÷ Soll-Arbeitstage) × 100. Der durchschnittliche Krankenstand in Deutschland lag 2022 laut Bundesgesundheitsministerium bei etwa 5,62 Prozent, 2023 bei 6,76%. Eine erhöhte Krankheitsquote kann auf belastende Arbeitsbedingungen, Stress oder strukturelle Probleme hinweisen.​

Die Personalkosten pro Mitarbeiter werden ermittelt, indem die gesamten Personalkosten durch die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeitenden dividiert werden. Diese Kennzahl variiert stark nach Branche, Unternehmensgröße und Region und eignet sich besonders für interne Zeitreihenanalysen sowie Branchenvergleiche.​

Best Practices: So nutzt Du HR-Kennzahlen effektiv

1. Definiere klare Ziele vor der Messung

Bevor Du Kennzahlen erfasst, solltest Du Dir die Frage stellen: Was will ich damit erreichen? Verwende das SMARTER-Kriterium (Specific, Measurable, Attainable, Relevant, Time-bound, Evaluate, Reevaluate), um die Relevanz einer Kennzahl zu evaluieren. Jede Kennzahl sollte ein spezifisches Ziel besitzen, messbar und realistisch sein, einen klaren Zeitrahmen haben und kontinuierlich evaluiert werden.​

2. Konzentriere Dich auf strategische anstatt auf operative Kennzahlen

Nicht jede Zahl ist gleich wertvoll. Unterscheide zwischen operativen Kennzahlen (z.B. Anzahl neuer Einstellungen) und strategischen KPIs (z.B. Quality-of-Hire), die direkt mit Unternehmenszielen verknüpft sind. Strategische KPIs verbinden Personalarbeit direkt mit dem Geschäftserfolg und liefern echten Mehrwert für die Unternehmensführung.​

3. Vergleiche nicht Äpfel mit Birnen

Entscheide Dich für eine Berechnungsformel und bleibe dabei, denn unterschiedliche Formeln führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, die nicht miteinander vergleichbar sind. Dies gilt besonders für Kennzahlen wie die Fluktuationsrate, bei der mehrere Berechnungsmethoden existieren.​

4. Nutze Benchmarks für die Einordnung

HR-Kennzahlen entfalten ihre volle Aussagekraft erst im Vergleich – entweder im Zeitverlauf innerhalb Deines Unternehmens oder im Vergleich mit Branchenwerten. So kannst Du besser einschätzen, ob Deine Werte im normalen Bereich liegen oder Handlungsbedarf besteht.​ Langfristig sind interne Vergleiche effektiver, da jedes Unternehmen anders ist.

5. Vermeide häufige Fehler

Viele HR-Kennzahlen werden falsch genutzt. Die Kennzahl Time-to-Hire allein sagt beispielsweise nichts darüber aus, ob die Qualität der Einstellungen stimmt. Zu hoher Zeit- und Kostendruck im Recruiting kann zu weniger Sorgfalt bei der Auswahl führen und letztlich zu höherer Fluktuation. Achte darauf, Kennzahlen nicht isoliert zu betrachten, sondern immer im Zusammenhang mit anderen Metriken.​

Tools und Software: Die technische Umsetzung

Die Digitalisierung ist eine der größten Herausforderungen für die Erfassung von Personalkennzahlen. Werden Daten in Systemen erfasst, können sie besser analysiert und darauf basierend Entscheidungen getroffen werden.​

Anforderungen an HR-Analytics-Software

Eine gute HR-Analytics-Software sollte folgende Funktionen bieten:​

  • Automatisierte Kennzahlenberechnung zur Vermeidung von Rechenfehlern
  • Individuelle Dashboards und Cockpits für verschiedene Rollen
  • Flexible Filter- und Segmentierungsmöglichkeiten für detaillierte Analysen
  • Export-Funktionen für Präsentationen und Reports (PNG, JPEG, CSV, Excel)
  • Integration mit anderen Systemen zur Nutzung verschiedener Datenquellen
  • Rechtesystem für maximale Datensicherheit und DSGVO-Konformität

Von Excel zu integrierten HR-Lösungen

Während Excel für einfache Auswertungen ausreicht, stoßen Personalabteilungen bei wachsender Komplexität schnell an Grenzen. Moderne HR-Software ermöglicht es, Kennzahlen auf Knopfdruck zu ermitteln, automatisierte Ist-Soll-Vergleiche durchzuführen und Entwicklungspotenziale zu identifizieren. Der Vorteil liegt in höherer Genauigkeit, einfacherer Bedienbarkeit und schnellerer Verfügbarkeit der Ergebnisse.​

HR-Data-Warehouse als Basis

Ein zentrales HR-Data-Warehouse mit integrierter HR-Datenbasis ist entscheidend für erfolgreiche Analytics. Die automatisierte Datenaufbereitung inklusive Datenqualitätscheck stellt sicher, dass Du stets mit validen und aktuellen Informationen arbeitest. Besonders wichtig: Alle Daten sollten in einer Plattform gehalten werden, damit Du nicht mühsam verschiedene Datensilos zusammenführen musst.​

Vorteile und Herausforderungen im Überblick

Die Vorteile datenbasierter Personalarbeit

HR-Kennzahlen transformieren Deine Personalabteilung zu einem strategischen Business Partner. Sie ermöglichen Dir:​

  • Fundierte Entscheidungen statt Bauchgefühl-Management
  • Frühzeitiges Erkennen von Trends und Risiken
  • Messbaren ROI des Personalwesens für die Geschäftsführung
  • Effizientere Prozesse durch Identifikation von Optimierungspotenzialen
  • Proaktives Handeln anstelle von reaktivem Krisenmanagement
  • Objektive Grundlage für strategische Personalplanung

Die Herausforderungen meistern

Die größte Herausforderung ist die fehlende Digitalisierung in vielen HR-Abteilungen. Weitere Stolpersteine sind:​

  • Datenqualität: Unvollständige oder fehlerhafte Daten führen zu falschen Schlüssen
  • Datenschutz: Bei der Auswertung von HR-Big-Data ist besondere Vorsicht beim Datenschutz geboten​
  • Komplexität: Die Auswahl der richtigen Kennzahlen aus hunderten Möglichkeiten kann überwältigend sein​
  • Fehlinterpretation: Kennzahlen müssen im Kontext betrachtet werden – eine niedrige Time-to-Hire ist nicht automatisch positiv
  • Akzeptanz: Die Einführung datenbasierter Entscheidungen erfordert oft einen Kulturwandel im Unternehmen

Der Weg zur datenbasierten HR-Strategie

HR-Kennzahlen sind kein Selbstzweck, sondern ein mächtiges Werkzeug, um Deine Personalarbeit auf das nächste Level zu heben. Sie machen sichtbar, was vorher im Verborgenen lag, und geben Dir die Argumente an die Hand, die Du für strategische Entscheidungen auf Augenhöhe mit der Geschäftsführung brauchst.​

Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht darin, möglichst viele Kennzahlen zu erfassen, sondern die richtigen Kennzahlen zu identifizieren, die zu Deinen Unternehmenszielen passen. Beginne mit wenigen, aussagekräftigen KPIs, die einen echten Mehrwert liefern, und erweitere Dein Portfolio schrittweise.​

Mit der richtigen Kombination aus strategischem Denken, geeigneten Tools und kontinuierlicher Optimierung wird Deine Personalabteilung zu dem, was sie sein sollte: Ein datengetriebener Business Partner, der messbaren Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg leistet.

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