Einführung der Prozesskostenrechnung in der HR

Im zweiten Teil der Blogserie „HR als Wachstumsmotor – Mit HR-Analytics zum Profit-Center“ zeige ich Dir etwas datenlastiger und Schritt-für-Schritt, wie man die Einführung der Prozesskostenrechnung im HR planen und durchsetzen kann. Vor- und Nachteile, Herausforderungen, die besten Tools und praktische Tipps runden den Beitrag ab.

Welche HR-Kennzahlen für die ROI-Messung nutzen?

Um den Output von HR-Prozessen zu quantifizieren, benötigen wir messbare Kennzahlen (KPIs).

Hier die wichtigsten HR-Analytics-Metriken:​

Recruiting-Kennzahlen:

  • Cost-per-Hire: Gesamtkosten / Anzahl Einstellungen
  • Cost per Application: Recruiting-Ausgaben / Anzahl Bewerbungen
  • Time-to-Hire: Durchschnittliche Dauer von Stellenausschreibung bis Vertragsunterzeichnung
  • Time-to-Fill: Durchschnittliche Dauer von der Stellenfreigabe bis zum ersten Arbeitstag des neuen Mitarbeitenden (eigentlich eine genauere Kennzahl als Time-to-Hire)
  • Quality-of-Hire: Leistungsbeurteilung neuer Mitarbeiter nach 6/12 Monaten
  • Offer Acceptance Rate: Angenommene Angebote / Versendete Angebote
  • Channel Effectiveness: Welche Recruiting-Kanäle liefern die besten Kandidaten?

Retention & Engagement:

  • Fluktuationsrate: (Austritte / Ø Mitarbeiterzahl) × 100
  • Frühfluktuationsrate: Austritte innerhalb der ersten 12 Monate
  • Kosten der Fluktuation: Recruiting + Onboarding + Produktivitätsverlust
  • Employee Lifetime Value: Gesamtwertbeitrag eines Mitarbeiters über seine Betriebszugehörigkeit
  • Engagement Score: Aus Mitarbeiterbefragungen

Learning & Development:

  • Training ROI: (Nutzen aus Training – Trainingskosten) / Trainingskosten
  • Produktivitätssteigerung: Gemessen vor/nach Training
  • Skill-Verbesserung: Zertifizierungen, Kompetenz-Assessments
  • Application Rate: Wie viele Teilnehmer wenden das Gelernte an?

Kosten & Effizienz:

  • HR-Kosten pro Mitarbeiter: Gesamt-HR-Budget / Anzahl Mitarbeiter
  • HR-Mitarbeiter-Ratio: Anzahl HR-Mitarbeiter / Gesamtmitarbeiter (Benchmark: 1:100)
  • Prozesskosten: Kosten pro Prozessdurchlauf (z.B. pro Gehaltsabrechnung)
  • Automatisierungsgrad: Anteil automatisierter vs. manueller Prozesse

Diese Kennzahlen ermöglichen eine datenbasierte Steuerung des Personalwesens und machen HR-Erfolge sichtbar und nachweisbar.​

Schritt-für-Schritt-Anleitung

So implementierst Du die Prozesskostenrechnung in Deiner HR-Abteilung

Die Einführung der Prozesskostenrechnung im HR erfordert eine gründliche Vorbereitung und systematisches Vorgehen. Hier ist eine praxiserprobte Roadmap:​​

1. Phase: Vorbereitung (Woche 1–2)

Commitment der Geschäftsführung einholen: Erkläre das Konzept und die erwarteten Vorteile

Projektteam bilden: HR-Leiter, Controller, 2–3 HR-Mitarbeiter

Scope definieren: Mit welchem HR-Bereich startest Du? (Empfehlung: Recruiting)

Schulung durchführen: Was ist Prozesskostenrechnung? Wie funktioniert sie?

2. Phase: Prozessanalyse (Woche 3–4)

Workshop mit allen HR-Mitarbeitern: Welche Prozesse gibt es?

Prozess-Mapping: Visualisiere die Hauptprozesse und Teilprozesse

Zeiterfassung starten: 2–4 Wochen dokumentieren, wer wie viel Zeit für welchen Prozess aufwendet

Kostentreiber identifizieren: Für jeden Prozess die passende Maßgröße finden

3. Phase: Kostenermittlung (Woche 5–6)

Personalkosten zuordnen: Basierend auf Zeiterfassung anteilig verteilen

Sachkosten zuordnen: Software, Tools, externe Dienstleister den Prozessen zuweisen

Gemeinkosten verteilen: Raumkosten, IT etc. nach Schlüssel verteilen

Prozesskostensätze berechnen: Kosten / Prozessmenge

4. Phase: Output-Messung (Woche 7–8)

Kennzahlen definieren: Welche KPIs messen den Output jedes Prozesses?

Datenquellen identifizieren: Wo kommen die Daten her? (HR-System, Finance, Führungskräfte)

Monetarisierung: Output in Euro umrechnen

ROI berechnen: Output / Input für jeden Prozess

5. Phase: Reporting & Optimierung (Woche 9–10)

  1. HR-Scorecard erstellen: Übersicht aller Prozesse mit Kosten, Output und ROI
  2. Präsentation für Geschäftsführung: Zeige den Wertbeitrag von HR
  3. Optimierungspotenziale identifizieren: Wo ist der ROI niedrig? Wo hohe Kosten bei geringem Output?
  4. Maßnahmen ableiten: Prozesse verschlanken, automatisieren, auslagern?

6. Phase: Kontinuierliche Weiterentwicklung (ab Woche 11)

  1. Quartalsweise Updates: Prozesskostensätze und ROI aktualisieren
  2. Erweitern auf weitere HR-Bereiche: Nach und nach alle Prozesse erfassen
  3. Benchmarking: Vergleich mit anderen Unternehmen oder Best Practices
  4. Tool-Implementierung: Software für Prozesskosten-Management einführen

Gesamtaufwand: 10–12 Wochen mit 1–2 Personen in Teilzeit
Investition: Ca. 10.000–15.000 € (interner Aufwand + evtl. externe Beratung)
Payoff: 10.000–200.000 (bei sehr großer, unstrukturierter HR-Abteilung gesehen) € pro Jahr durch bessere Budgetplanung, Optimierung und strategische Investitionen

Vorteile der Prozesskostenrechnung im HR

Die Einführung der Prozesskostenrechnung bringt zahlreiche strategische und operative Vorteile.

Kostentransparenz: Du siehst genau, welche HR-Prozesse wie viel kosten und kannst gezielt steuern.

Verursachungsgerechtigkeit: Keine pauschalen Zuschlagssätze mehr, sondern Kosten nach tatsächlichem Verbrauch.

Optimierungspotenziale erkennen: Prozesse mit hohen Kosten und niedrigem Output werden sichtbar.

Fundierte Investitionsentscheidungen: Du kannst begründen, warum ein neues Tool oder zusätzliches Personal nötig ist.

Wertbeitrag nachweisen: HR wird messbar und kann seinen ROI gegenüber der Geschäftsführung belegen.

Strategische Positionierung: HR wird vom „Kostenfaktor“ zum „strategischen Partner“ mit nachweisbarem Wertbeitrag.

Bessere Budgetsteuerung: Du weißt, wo jeder Euro hingeht und kannst zielgerichtet umschichten.

Benchmarking-Fähigkeit: Vergleiche mit anderen Unternehmen oder Best Practices werden möglich.

Automatisierungspotenziale: Prozesse mit hoher Wiederholrate und niedrigem Wertbeitrag können automatisiert werden.

Change-Management: Die Zahlen helfen, Veränderungen zu begründen und Akzeptanz zu schaffen.

Herausforderungen und wie Du sie meisterst

Natürlich ist die Einführung der Prozesskostenrechnung nicht ohne Hürden. Hier die häufigsten Herausforderungen und wie Du sie löst.

1. Zeitaufwand für die Prozessanalyse
Lösung: Starte mit einem Pilotbereich (z.B. Recruiting). Erfolgserlebnisse schaffen Akzeptanz für die Ausweitung auf andere Bereiche.

2. Datenqualität und -verfügbarkeit
Lösung: Nutze vorhandene HR-Systeme (ATS, LMS, Zeiterfassung). Beginne mit groben Schätzungen und verfeinere über Zeit.

3. Akzeptanz bei Mitarbeitern
Lösung: Kommuniziere klar, dass es nicht um Kontrolle geht, sondern um Sichtbarmachung der Wertschöpfung. HR-Mitarbeiter profitieren, weil ihre Arbeit endlich anerkannt wird.

4. Monetarisierung des Outputs
Lösung: Arbeite mit dem Rechnungswesen zusammen. Nutze etablierte Formeln (z.B. Kosten der Fluktuation = 1,5 × Jahresgehalt) und Benchmarks aus der Fachliteratur.

5. Kontinuierliche Pflege
Lösung: Aktualisiere die Zahlen quartalsweise, nicht monatlich. Etabliere ein einfaches Excel-Template oder nutze spezielle Tools.

6. Gefahr der Perfektion
Lösung: Orientiere Dich am Pareto-Prinzip: Die wichtigsten 20% der Prozesse verursachen 80% der Kosten. Konzentriere Dich auf diese.

Von der Theorie zur Praxis

Tools und Ressourcen

Für die erfolgreiche Umsetzung der Prozesskostenrechnung im HR benötigst Du die richtigen Werkzeuge.

Excel-Templates: Für kleinere HR-Abteilungen ausreichend. Erstelle ein Template mit Prozessen, Kostentreibern, Mengen und Kosten.

HR-Analytics-Tools:

  • Tableau, Power BI: Für Visualisierungen und Dashboards
  • Google Analytics: Für Tracking von Karriereseiten und Bewerbungsprozessen

ATS mit Analytics-Funktion:

  • Bei vielen ATS gibt es integrierte Kennzahlen zu Cost-per-Hire, Time-to-Hire etc., speziell für Recruiting KPIs

Prozessmanagement-Software:

  • Für Prozess-Mapping und Kostenzuordnung

Spezialisierte Prozesskostenrechnung-Tools:

  • Für HR weniger verbreitet, aber in großen Konzernen genutzt

Du musst aber nicht mit High-End-Software starten. Ein gut strukturiertes Excel-Template reicht für den Anfang vollkommen aus. Der Mehrwert liegt in der systematischen Methodik, nicht in der Software.​

Best Practices

So gelingt die Prozesskostenrechnung im HR

Aus der Praxis haben sich folgende Erfolgsfaktoren herauskristallisiert.​​

Starte klein, denke groß: Beginne mit einem Pilotbereich (Recruiting), bevor Du die gesamte HR-Abteilung erfasst.

Involviere alle Stakeholder: HR-Team, Controlling, Geschäftsführung, alle müssen das Konzept verstehen und unterstützen. Da es ein Change-Prozess sein wird, sollte man zusehen, dass niemand sich übergangen fühlt und „an die Hand genommen wird“.

Kommuniziere transparent: Erkläre den Mitarbeitern, warum das Projekt wichtig ist und wie sie davon profitieren.

Nutze vorhandene Daten: Verwende HR-Systeme, Zeiterfassung, Budgetplanung als Datenquellen.

Akzeptiere Ungenauigkeiten: 80% Genauigkeit mit 20% Aufwand sind besser als 100% Genauigkeit mit 200% Aufwand.

Fokus auf Hauptprozesse: Konzentriere Dich auf die 20% der Prozesse, die 80% der Kosten verursachen.

Arbeite iterativ: Starte mit groben Zahlen, verfeinere über Zeit.

Verbinde alles mit der HR-Strategie: Die Prozesskostenrechnung ist kein Selbstzweck, sondern unterstützt strategische Entscheidungen.

Quartalsweises Reporting: Halte die Geschäftsführung regelmäßig auf dem Laufenden.

Feiere Erfolge: Teile positive ROI-Ergebnisse intern. Das stärkt die Position von HR.

Fazit

Von der Kostenstelle zum strategischen Wertschöpfungspartner

Die Prozesskostenrechnung ist das fehlende Puzzleteil, um HR vom wahrgenommenen Cost Center zum nachweisbaren Profit Center zu transformieren. Sie macht sichtbar, was HR leistet. Nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ in Euro und Cent.​

Die Vorteile liegen auf der Hand.

  • Transparenz über tatsächliche HR-Kosten
  • Verursachungsgerechte Zuordnung statt Pauschalschlüssel
  • Nachweis des Wertbeitrags mit messbarem ROI
  • Fundierte Entscheidungen für Investitionen und Optimierungen
  • Strategische Positionierung von HR im Unternehmen

Der Aufwand für die Implementierung ist überschaubar. 10–12 Wochen mit 1–2 Personen. Der Return on Investment dieser Investition ist beträchtlich. Bessere Budgetsteuerung, Optimierungspotenziale in Höhe von 10.000 – X € pro Jahr und vor allem eine grundlegend veränderte Wahrnehmung von HR in der Organisation.​

In Zeiten von Fachkräftemangel, demografischem Wandel und digitalem Wandel wird HR zur entscheidenden Stellschraube für Unternehmenserfolg. Mit der Prozesskostenrechnung habt Ihr das Werkzeug in der Hand, um diesen strategischen Wert auch nachzuweisen, gegenüber der Geschäftsführung, dem CFO und allen anderen Skeptikern.​

Die Frage ist nicht mehr „Was kostet uns HR?“, sondern „Wie viel Wert schafft HR für unser Unternehmen?“ Und mit der Prozesskostenrechnung kannst Du diese Frage endlich mit harten Zahlen beantworten.

Jetzt bist Du dran!

Hast Du bereits Erfahrungen mit HR-Analytics oder Prozesskostenrechnung im HR gemacht? Welche Kennzahlen trackst Du in Deiner Personalabteilung? Und wie überzeugst Du Deine Geschäftsführung vom Wertbeitrag Eurer HR-Arbeit?

Teile Deine Erfahrungen gerne in den Kommentaren oder schreib mir eine Nachricht. Ich freue mich auf den Austausch!

FAQ

Was ist Prozesskostenrechnung im HR?

Prozesskostenrechnung im HR macht Personalprozesse transparent, indem sie Kosten verursachungsgerecht zuordnet und den ROI von HR-Maßnahmen messbar macht.

Warum ist Prozesskostenrechnung für HR wichtig?

Sie zeigt, welche Prozesse wie viel kosten, wo Optimierungspotenziale liegen und wie HR zum Unternehmenserfolg beiträgt.

Welche HR-Kennzahlen helfen bei der ROI-Messung?

Wichtige KPIs sind Cost-per-Hire, Time-to-Hire, Fluktuationsrate, Training ROI und HR-Kosten pro Mitarbeiter.

Wie führt man Prozesskostenrechnung im HR ein?

In sechs Phasen, von der Vorbereitung über Prozessanalyse und Kostenermittlung bis hin zu Reporting und kontinuierlicher Optimierung.

Welche Vorteile bringt die Prozesskostenrechnung im HR?

Mehr Transparenz, fundierte Investitionsentscheidungen, messbarer Wertbeitrag, bessere Budgetsteuerung und stärkere HR-Position im Unternehmen.

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