Recruiting für Ausbildungsstellen

Die Kunst, junge Talente zu gewinnen und zu halten

Mit modernem, durchdachtem Ausbildungs-Recruiting kannst Du die richtigen Talente nicht nur gewinnen, sondern auch langfristig an Dein Unternehmen binden.

Der Arbeitsmarkt für Ausbildungsplätze hat sich grundlegend verändert. Was vor zehn Jahren noch ein klassisches Bewerber-um-Platz-Spiel war, ist heute umgekehrt, denn Schulabgänger können sich ihren Ausbildungsbetrieb aussuchen. Jeder zweite Betrieb kann heute nicht alle seine Ausbildungsstellen besetzen. Noch problematischer daran ist, dass ein Viertel der Unternehmen mit offenen Ausbildungsplätzen das Phänomen des „Ghostings“ erlebt, bei dem Bewerber nach ihrer Zusage einfach nicht zum vereinbarten Termin erscheinen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ein Zeichen für ein tieferes Problem im Recruiting-Prozess selbst. Und da Ausbildungen lange im Voraus geplant werden, ist eine Nachbesetzung schwer möglich und verschiebt die Besetzung der Stelle meist um ein Jahr.

Warum Ausbildungs-Recruiting anders sein muss

Bevor Du die klassische Stellenanzeige aufgibst und die Arbeitsvermittlung anrufst, solltest Du wissen, dass Ausbildungs-Recruiting sich deutlich vom klassischen Recruiting unterscheidet und schon eher eine Tendenz zum Guerilla-Recruiting benötigt. Deine Zielgruppe bringt meist keinerlei Berufserfahrung mit. Ein Schulabgänger oder eine Schulabgängerin hat noch nie in einem echten Beruf gearbeitet. Das bedeutet, dass die klassischen Auswahlverfahren, ein Vorstellungsgespräch, oder ein Test zum Überprüfen von Fachkenntnissen, für diese Zielgruppe oft völlig falsch wirken.

Hier liegt auch einer der Gründe für hohe Abbruchquoten und Ghosting. Junge Menschen treffen eine Entscheidung über die nächsten drei Jahre ihres Lebens, oft mit wenig Orientierung und vielleicht sogar gegen den Rat ihrer Eltern. Sie brauchen nicht einfach ein Gespräch mit Dir, sondern Sicherheit, einen realistischen Eindruck und die Möglichkeit, den Arbeitsplatz und die Aufgaben wirklich kennenzulernen.

Am Ende dieses Beitrags gibt es übrigens eine kostenlose Checkliste zum Download als Inspiration für Deine tägliche Arbeit mit Azubis.

Arbeitsplatzführungen statt klassischer Vorstellungsgespräche

Ein bewährtes Konzept

Eine innovative Methode, die sich im Ausbildungs-Recruiting zunehmend bewährt, ist eine Arbeitsplatzführung als erste Kontaktphase statt des klassischen Vorstellungsgesprächs.

Das funktioniert so: Anstatt den Kandidaten oder die Kandidatin in einen Besprechungsraum zu laden, nimmst Du die junge Person mit auf eine Reise durch den Betrieb. Sie lernt die Werkstatt, die Büros oder die Produktionshallen kennen. Sie sieht, wie die potenziellen Kollegen arbeiten, sie sehen die Maschinen, die Abläufe und bekommen einen authentischen Eindruck vom Arbeitsalltag ohne Filter.

Warum ist das so wertvoll? Weil es ehrlich ist. Ein Vorstellungsgespräch ist oft ein Spiel. Alle sind nervös, alle verstellen sich ein bisschen. Eine Arbeitsplatzführung hingegen zeigt die Realität. Der junge Mensch kann sehen, wie die Kolleginnen und Kollegen tatsächlich miteinander umgehen, wie die Atmosphäre ist, ob es laut und chaotisch oder strukturiert und ruhig ist. Und genau das ist in dem Alter oft viel aussagekräftiger als jede noch so gut vorbereitete Antwort auf „Wo siehst Du Dich in fünf Jahren?“

Kombiniert mit intensiven Gesprächen über die konkrete Tätigkeit, also einem Erklären der Aufgaben durch den Ausbilder oder erfahrene Mitarbeitende, bekommt der Kandidat oder die Kandidatin ein klares Bild davon, was ihn oder sie erwartet. Das reduziert Überraschungen nach dem Arbeitsstart erheblich und trägt dazu bei, dass junge Menschen eine bewusstere Entscheidung treffen.

Diversity und Inklusion

Talent breit denken

Ein häufiger Fehler beim Ausbildungs-Recruiting ist ein zu enges Anforderungsprofil. Du schreibst vor: „Mind. Realschulabschluss, Noten in Mathe mindestens befriedigend, zuverlässig und pünktlich.“ Das klingt vernünftig, ist aber eine Falle.

Schulnoten sagen wenig über Potenzial aus. Ein junger Mensch, der in der Schule Probleme hatte, kann im praktischen Arbeitsumfeld aufblühen. Menschen haben unterschiedliche Stärken. Manche sind im klassischen Schulsystem unterfordert, andere überfordert. Ein praktischer Verstand kann in der Ausbildung wertvoll sein, auch wenn die Mathenoten nicht überragend waren.

Inklusives Recruiting bedeutet:

Flexible Anforderungen: Ersetze starre Schulnoten durch konkrete Kompetenzen. Was braucht die Person tatsächlich können, um den Job zu lernen?

Verschiedene Herkünfte aktiv einbeziehen: Die junge Generation ist vielfältig. Das ist nicht nur ethisch richtig, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Verschiedene Perspektiven führen zu besseren Lösungen und innovativeren Teams.

Barrierefreiheit ermöglichen: Wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin mit körperlichen oder kognitiven Unterschieden die Anforderungen erfüllen könnte, lohnt sich oft eine Anpassung des Arbeitsplatzes und die Loyalität und Dankbarkeit ist häufig außergewöhnlich.

Chancen für Studienabbrecher: Ein Abiturient oder eine Abiturientin, der oder die nach einem Semester feststellt, dass Uni und Studium nicht das Richtige sind, bringt Reife und Reflexionsfähigkeit mit. Das kann im Handwerk oder in der Industrie ein enormer Vorteil sein.

White-Collar und Blue-Collar Recruiting

Unterschiedliche Strategien für unterschiedliche Berufe

Das Ausbildungs-Recruiting unterscheidet sich massiv zwischen kaufmännischen und handwerklichen Berufen.

Blue-Collar-Ausbildungen (Handwerk, Produktion, technische Berufe) kämpfen mit einem Imageproblem. Der Beruf des Elektrikers oder der Maschinenbedienerin wird oft als weniger prestigeträchtig wahrgenommen als ein kaufmännischer Beruf. Das ist ehrlich gesagt ein großes Missverständnis. Handwerkliche Berufe sind hochqualifiziert, gut bezahlt und mit echtem Gestaltungsspielraum verbunden. Das Problem daran ist, dass junge Menschen dies oft gar nicht wissen. Für viele ist es fancy, wenn man im Hemd oder Kostüm zur Arbeit gehen kann und sich nicht die Hände dreckig macht. Der weniger interessante, administrative Bereich im Büro wird oft ignoriert oder ist einfach nicht bekannt.

Beim Blue-Collar-Recruiting funktionieren klassische Online-Kanäle manchmal schlechter. Du brauchst hier mehr direkte Ansprache, wie beispielsweise Schulpartnerschaften, Ausbildungsmessen, Schnuppertage und authentische Videos von Auszubildenden, die zeigen, was sie den ganzen Tag machen. Das funktioniert auch deshalb besser, weil es ehrlich ist. „Schau, das ist ein Elektromonteur. Das sind seine Aufgaben. Das ist sein Alltag.“

White-Collar-Ausbildungen (kaufmännische und administrative Berufe) haben es leichter, weil diese Berufe als wichtiger wahrgenommen werden, mehr Prestige haben. Hier funktionieren digitale Kanäle besser, wie Instagram, TikTok, LinkedIn. Die Recruiter können sich hier auch auf die Karriereperspektiven konzentrieren. Dazu zählen Aufstiegsmöglichkeiten, Spezialisierungen, das schnelle Vorankommen in der Karriere, nach der Ausbildung schnell einen tollen Dienstwagen haben.

Vergütung und Benefits

Ein unterschätzter Faktor

Ja, die Ausbildungsvergütung ist gesetzlich geregelt. Aber innerhalb des Rahmens gibt es Spielraum und diesen Spielraum solltest Du nutzen.

Die Kandidaten wissen, dass sie mit der Ausbildung weniger verdienen als später als Fachkraft. Das ist ok. Was aber nicht ok ist, wenn das Geld so niedrig ist, dass es sich nicht lohnt. Wenn ein junger Mensch ein Angebot von Betrieb A mit 750 Euro im Monat erhält und von Betrieb B mit 850 Euro und beide haben ansonsten den gleichen Eindruck gemacht, wird B gewinnen. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift kann das Angebot von B aber noch nicht vorliegen und ein Bewerbender unterschreibt einen weiteren Vertrag, vergisst aber, dies Unternehmen A mitzuteilen. Schon hat man Ghosting und die Vakanz bleibt unbesetzt.

Was sonst noch zählt bei den Benefits

Fahrtkosten: Ein Zuschuss für die Anfahrt ist ein großer Pluspunkt.

Jobrad: Besonders im urbanen Bereich attraktiv.

Fitnessstudio-Zuschuss: Klingt trivial, zeigt aber, dass Du Dich für die ganzheitliche Gesundheit interessierst.

Essenszuschuss oder Verpflegung: Vor allem in handwerklichen Betrieben ein großer Motivator.

Prämien für gute Leistungen: Ein Bonus für bestandene Zwischen- oder Abschlussprüfung? Das ist echte Wertschätzung.

Flexible Arbeitszeiten, wenn möglich: Gleitzeit im Büro, flexible Pausenzeiten in der Werkstatt gibt jungen Menschen ein Gefühl von Kontrolle und Teilhabe.

Arbeitsplatzführung mit intensiven Gesprächen

Eine andere Taktik

Lass uns noch einmal zur Arbeitsplatzführung zurückkommen, weil sie wirklich ein Wendepunkt im Ausbildungs-Recruiting sein kann.

Ablauf einer effektiven Arbeitsplatzführung:

Willkommensphase: Der Kandidat oder die Kandidatin wird abgeholt. Kleine Nervosität ist ok. Ein Kalt- oder Warmgetränk. Small Talk. Kurze Erklärung des heutigen Ablaufs. Dies sollte jedoch auch schon vorab sehr deutlich gemacht werden, beispielsweise bei der Terminvereinbarung telefonisch oder per Mail.

Der Rundgang: Der Ausbilder oder die Ausbilderin führt den jungen Menschen durch den Arbeitsbereich. Nicht schnell, nicht oberflächlich. Langsam. Realistisch. „Das ist die CNC-Maschine, die Du bedienen wirst. Hier machst Du das, hier das.“ Zeige auch die schwierigen Aspekte. „Ja, es ist manchmal laut hier. Ja, es kann auch monoton sein, wenn man die gleiche Aufgabe wiederholt.“

Häufig macht es auch Sinn, mehrere Ausbildungsberufe vorzustellen, um eine bessere Entscheidungshilfe für die Kandidat:innen zu unterstützen.

Treffen mit Mitarbeitenden: Nicht nur mit dem Chef oder der Chefin, sondern mit echten Kolleginnen und Kollegen. Idealerweise mit anderen Auszubildenden, die ähnlich alt sind. Diese können ehrlicher antworten. Hier kann ein Snack oder ein Gespräch an der Kaffeemaschine für Lockerung sorgen und gleichzeitig Eindruck bei den Bewerbenden machen.

Übergang zum eher üblichen Vorstellungsgespräch:

Hier könnte die Arbeitsplatzführung unterbrochen werden und ein weiteres Gespräch vereinbart werden, welches dann eher den typischen Charakter eines Vorstellungsgespräches hat.

Tiefgehende Gespräche über die Aufgaben: Nachdem der Kandidat oder die Kandidatin das alles gesehen hat, setzt Ihr Euch hin und sprecht über die konkrete Tätigkeit. Welche Aufgaben werden in Woche 1, Monat 1, Jahr 1 erwartet? Welche Fertigkeiten wird die Person erlernen? Wie wird sie bewertet? Wann gibt es Feedback?

Dieses Gespräch kann auch ein paar Tage nach der Arbeitsplatzführung durchgeführt werden. So können die jungen Personen intensiv über ihre eigenen Präferenzen nachdenken und werden nicht mit zu vielen Eindrücken überlastet.

Realistische Karriereperspektiven: Kein „Du wirst bei uns definitiv Meister“ versprechen (das ist unrealistisch für alle). Besser wäre folgender Ansatz. „Nach der Ausbildung kannst Du bleiben und an spannenden Projekten arbeiten. Wir haben auch Leute, die sich weiter fortbilden. Und ja, wenn Du nicht bleibst, hast Du einen anerkannten Abschluss in der Hand.“

Raum für Fragen: Nicht „Hast Du noch Fragen?“ und dann sofort zur Tür, sondern echte Zeit geben. Der junge Mensch könnte nervös sein und seine Gedanken noch nicht sortiert haben. Da ist es auch besser, wenn zwischen Arbeitsplatzführung und diesem Abschnitt ein gewisser Abstand zum Nachdenken eingeplant ist.

Dieses Modell kostet Zeit. Ja. Aber es spart Dir auch Zeit, die Du später für Nachbesetzungen aufwenden würdest, weil der erste Azubi nach zwei Monaten geht, wenn die Realität nicht den Erwartungen entsprach.

Verhinderung von Ghosting

Bindung von Anfang an

Ghosting ist kein einseitiges Phänomen. Bewerber ghosten, aber auch Arbeitgeber ghosten. Die Lösung liegt in einer durchgehend hochwertigen, respektvollen Kommunikation.

1. Phase: Während des Bewerbungsprozesses

  • Schnelle Rückmeldung: Antworte auf Bewerbungen innerhalb von 48 Stunden. Nicht unbedingt mit einer Zusage, aber mit einer Zwischenmitteilung. Das zeigt Respekt.
  • Verbindlichkeit: Kommuniziere, bis wann der Kandidat oder die Kandidatin eine Entscheidung bekommt. Halte Dich daran!
  • Regelmäßige Updates: Wenn es länger dauert, gib Bescheid. Problematisch im Recruiting ist, wenn man das Gefühl bekommt, das nichts passiert.

2. Phase: Nach der Zusage (die kritische Phase beginnt)

Das ist die Zeit zwischen Vertragsunterzeichnung und Arbeitsstart – und genau hier passiert viel Ghosting. Der junge Mensch hat Zeit zum Überlegen. Die Nervosität wächst. Wenn Du jetzt nichts tust, haben andere Betriebe Zeit, ihn oder sie abzuwerben.

  • Willkommens-Paket: Sende innerhalb von wenigen Tagen ein Willkommens-Paket. E-Mail mit den wichtigsten Infos: Uhrzeit, Adresse, Name des Ansprechpartners, was zu mitbringen ist.

    Natürlich sollte eine herzliche Willkommensbotschaft dabei sein.

    Diese Nachricht kann natürlich auch viele Monate vor dem eigentlichen Start nötig werden, da Vakanzen für Auszubildende häufig bis zu einem Jahr vor Beginn besetzt werden. Je länger es bis zum Start dauert, desto mehr Nachrichten müssen eingeplant werden. Gib den Auszubildenden immer und regelmäßig das Gefühl, dass Du sie erwartest, Dich auf sie freust und sie wertschätzt.
  • Kontakt halten: Lade den zukünftigen Azubi zu Firmenevents ein. Zu einem lockeren Kaffee mit anderen neuen Azubis. Das baut Vorfreude auf und Bindung.
  • Geburtstagswunsch: Wenn der Geburtstag vor dem Arbeitsstart liegt, schreib eine Nachricht. Das klingt klein, ist aber ein großes Signal.
  • Informationen über das Team: Sende Fotos und Namen der Kolleginnen und Kollegen, mit denen der Azubi zusammenarbeitet. Das reduziert Angst vor dem Unbekannten.
  • Verständnis für Sorgen: Erkundige Dich per kurzes Telefonat oder Nachricht: „Hast Du noch Fragen? Gibt es etwas, das Dir Sorgen macht?“ Das gibt dem jungen Menschen Möglichkeit, zu äußern, wenn etwas nicht stimmt.

3. Phase: Das Onboarding (die erste Woche und der erste Monat)

Hier passiert die echte Bindung oder im schlimmsten Fall das Gegenteil. Ein durchdachtes, strukturiertes Onboarding ist Dein Investment in die langfristige Treue des Mitarbeitenden.

  • Klarer erster Tag: Der Azubi wird am ersten Tag nicht einfach auf die Werkbank gestellt. Es gibt einen strukturierten Plan. Das könnte beispielsweise die Begrüßung durch die Geschäftsführung, Betriebsrundgang, Kennenlernen des Teams, erste Aufgaben (die eher einfach sind und Erfolg vermitteln) sein.
  • Buddy-System: Ordne dem neuen Azubi einen oder eine erfahrene Kollegin oder einen Kollegen zu, idealerweise auch eine(n) Auszubildende(n) aus einem höheren Ausbildungsjahr. Dieser Buddy ist Ansprechperson für alle Fragen, egal ob große oder kleine!
  • Regelmäßige Check-ins: In der ersten Woche sollte der Ausbilder oder die Ausbilderin täglich ein kurzes Gespräch mit dem neuen Azubi führen. „Wie geht’s Dir? Was war schwierig? Was hat Spaß gemacht?“
  • Klare Erwartungen kommunizieren: Viele Menschen mögen und bevorzugen Struktur und Klarheit, gerade zu Beginn der Karriere. Sag deutlich: „In dieser Woche lernst Du X. In Monat 1 machst Du Y. Hier sind Deine Aufgaben. Und hier sind die Erwartungen, die ich an Dich habe.“
  • Feedback geben: Nicht erst am Ende der Ausbildung. Wöchentlich. Täglich sogar. Das gibt Sicherheit und ermöglicht schnelle Korrektur.

Differenzierung zwischen Ausbildung und dualem Studium

Ein oft übersehener Punkt: Die Unterschiede im Recruiting zwischen Ausbildung und dualem Studium.

Ausbildung richtet sich an Schulabgänger mit oder ohne Abitur, die sofort praktisch arbeiten wollen. Das Anforderungsprofil ist hier oft: Zuverlässigkeit, praktischer Verstand, Motivation. Schulnoten sind weniger entscheidend.

Duales Studium richtet sich oft an Abiturientinnen und Abiturienten oder sehr gute Realschüler, die kombinierte Theorie und Praxis wollen, aber auch mehr akademische Fähigkeiten mitbringen sollten. Die Anforderungen sind höher. Dafür kann man durch gutes Netzwerken mit dem Vertrieb der passenden Hochschulen Kandidaten in größerer Anzahl akquirieren.

Beim Recruiting für ein duales Studium kannst Du höhere Anforderungen stellen. Bei der klassischen Ausbildung solltest Du offener sein.

Die praktische Umsetzung

Ein Recruiting-Plan für Ausbildungsstellen

Lass uns einen konkreten Zeitplan anschauen, wie Du vorgehen könntest:

Q2/3 des Vorjahres vor dem Start:

  • Karrieremessen-Kalender recherchieren
  • Schulkontakte etablieren oder vertiefen
  • Schnuppertag-Programme planen
  • Azubi-Videos erstellen (oder mit aktuellen Azubis drehen)
  • Bewerbungsprozess optimieren (One-Click-Bewerbung, schnelle Rückmeldungen möglich?)

Q3/4 des Vorjahres:

  • Schulbesuche, Vorträge, Berufsorientierungstage
  • Social-Media-Kampagnen starten (TikTok, Instagram, YouTube)
  • Stellenanzeigen streuen (online-Jobbörsen, Social Media, Agentur für Arbeit)
  • Mit Schulen über Praktikumsplätze sprechen

Q1 des Anstellungsjahres:

  • Bewerbungen intensiv bearbeiten
  • Vorstellungsgespräche / Arbeitsplatzführungen durchführen
  • Zusagen machen und die Pre-Boarding-Phase aktiv gestalten

Nach Arbeitsstart:

  • Strukturiertes, tägliches Onboarding
  • Regelmäßige Check-ins und Feedback
  • Mitgestaltungsmöglichkeiten anbieten (z.B. Azubi-Projekte)

Tipps und Tricks

Was wirklich funktioniert

Azubis werben Azubis: Deine besten Recruiting-Botschafter sind Deine eigenen Auszubildenden. Biete eine kleine Prämie an, wenn sie jemanden erfolgreich anwerben. Gleichaltrige sind überzeugender als jeder HR-Manager.

Eltern nicht vergessen: Die Eltern spielen eine oft unterschätzte Rolle. Biete Elternabende oder Betriebsbesichtigungen an, bei denen Eltern mitkommen dürfen. Die psychologische Sicherheit der Familie ist wichtig.

Schnuppertage nutzen: Das ist Gold wert. Ein Tag im Betrieb ist aussagekräftiger als zehn Bewerbungsgespräche. Viele Schulen verlangen sogar Schnuppertage. Nutze diese Möglichkeiten, es zahlt sich doppelt aus. Die Chance vergrößert sich, dass die richtige Person für die richtige Vakanz rekrutiert wird.

Authentisches Storytelling: Erzähle echte Geschichten. „Markus war in der Schule kein Überflieger, hat bei uns angefangen, und heute ist er einer unserer besten Montageleiter.“ Das inspiriert Schulabgänger mit schwächer Noten viel mehr als abstrakte Versprechen.

Netzwerk mit Schulen und Ausbildungsvermittlern: Die Agentur für Arbeit, Kammern, Schul-Karriereberater sind Deine Partner. Pflege diese Beziehungen.

Transparenz über Arbeitsmarkttrends: Viele junge Menschen wissen nicht, dass es in ihrem Bereich Fachkräftemangel gibt und dass sie sicher einen guten Job bekommen werden. Erzähle ihnen das.

Test statt nur Noten: Verwende Assessment-Tools, die praktische Fähigkeiten testen, nicht nur schulische. Das ist fairer und aussagekräftiger.

Konkretes Employer Branding: Was macht Dein Unternehmen einzigartig? Es muss nicht die größte Firma sein. Klein zu sein kann ein großer Vorteil sein. „Bei uns kennst Du den Chef persönlich. Du lernst schneller. Du hast echte Verantwortung.“ Das spricht junge Menschen an.

Fazit

Es lohnt sich

Ausbildungs-Recruiting ist zeitintensiv. Ja! Es erfordert eine Umstellung von Prozessen und Denkmustern. Ja! Aber die Investition zahlt sich aus. Definitiv!

Junge Menschen, die sich willkommen, verstanden und mit Perspektiven ausgestattet fühlen, sind loyaler. Sie bringen Engagement mit, bleiben nicht nur für die Ausbildung, sondern oft auch danach noch für einige Zeit. Außerdem werden sie Botschafter Deines Unternehmens, auf Instagram, im Freundeskreis, in ihrer Familie.

Im Umkehrschluss schadet ein schlechtes Ausbildungs-Recruiting und Onboarding Deiner Employer Brand massiv. Negative Bewertungen auf kununu oder Berichte in Schulen, dass Dein Unternehmen eine schlechte Ausbildungsstelle ist, spricht sich schnell herum. Die jungen Generationen sind digital sehr vernetzt.

Die Frage ist also nicht: „Können wir uns diesen Aufwand leisten?“ Die Frage ist: „Können wir uns leisten, nichts zu tun?“

Wer nicht aktiv um junge Talente kämpft, verliert sie an die Konkurrenz. Das wiederum gefährdet die Fachkräftebasis des Unternehmens langfristig.

Mit modernem, durchdachtem Ausbildungs-Recruiting kannst Du Dich vorbereiten und so die richtigen Talente finden, gewinnen und langfristig halten. Die Werkzeuge und Methoden sind da. Du musst sie nur nutzen!

Lade Dir hier kostenlos die Azubi-Recruiting-Checkliste herunter. Wir interessieren uns nicht für Deine Daten, es gibt also kein Formular, nur ein direkter Download. Für uns zählt nur die Wissensvermittlung. Falls jedoch noch Fragen aufkommen, texte den Autor einfach direkt an, zum Beispiel über LinkedIn.

FAQ

Was ist Ausbildungs-Recruiting?

Ausbildungs-Recruiting beschreibt alle Maßnahmen, um geeignete Auszubildende zu finden, zu gewinnen und langfristig an das Unternehmen zu binden.

Warum ist Recruiting für Ausbildungsstellen so schwierig geworden?

Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht. Schulabgänger:innen können heute frei wählen. Mehr Kandidaten gehen studieren und möchten die klassische Ausbildung nicht angehen. Unternehmen müssen daher aktiver, authentischer und schneller agieren.

Wie kann man Ghosting im Recruiting vermeiden?

Durch klare Kommunikation, regelmäßige Updates, persönliche Ansprache und eine wertschätzende Preboarding-Phase.

Welche Rolle spielen Eltern beim Ausbildungs-Recruiting?

Eltern sind wichtige Stakeholder bei der Entscheidung. Transparenz, Elternabende und Einbindung schaffen Vertrauen und Sicherheit.

Welche Kanäle funktionieren für Azubi-Recruiting am besten?

TikTok, Instagram, YouTube und Schulpartnerschaften funktionieren prächtig, am besten kombiniert mit echten Geschichten und Einblicken in den Alltag.

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